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Eine Ikone der Linken

christiane-taubira-4Justizministerin Taubira aus Französisch-Guayana ist die „Mutter der Homo-Ehe“

 

Von Martina Zimmermann (epd)
Paris (epd). „Mal sehen, wie lange das anhält“, sagt die Justizministerin, wenn sie auf ihren Status als Polit-Star angesprochen wird. Seit sie in einer Marathon- Debatte der Nationalversammlung ihren Gesetzentwurf für die Homosexuellen-Ehe erfolgreich und schlagfertig verteidigte, wird Taubira als politisches Talent gefeiert. Als Präsident François Hollande die Französin aus dem Überseedepartement Guayana vor fast genau einem Jahr zur Justizministerin machte, galt dies als „Überraschung“.
Bisher ist die 61-jährige Politikerin eher Anfeindungen gewohnt. Für die konservative Opposition war sie sofort ein „rotes Tuch“. Will Taubira doch die unter Nicolas Sarkozy eingeführten Strafgerichte für Minderjährige abschaffen und jugendlichen Straftätern eine ihrem Alter entsprechende Resozialisierung ermöglichen. Dieses Projekt der Strafrechtsreform ist aus Sicht des konservativen Lagers Ausdruck von Laxheit.
Häme trug der Justizministerin zudem ein, dass bei ihrem Besuch eines Sportturniers ein Häftling mit Freigang geflohen ist. Auch wenn Taubira auf eine lange Karriere als Abgeordnete in Paris und Brüssel zurückblicken kann: Soviel Hass hatte sie noch nicht erlebt. Über soziale Netzwerke verbreiteten Konservative und Rechtsextreme angebliche Zitate von Taubira, die das Verbrennen der französischen Fahne entschuldige. Sie erwiesen sich als falsch.
Mit ihrem Afrolook mit am Kopf geflochtenen Zöpfchen ist Taubira eine auffällige Gestalt in der politischen Szene. Zum klassischen Kostüm trägt sie gerne Blusen und Schals in fröhlichen Farben. Die Ministerin mag Literatur und Musik, sie gehört zu den Stammgästen im Pariser Jazzclub New Morning. Die Politikerin ist geschieden und hat vier Kinder. Bei der Offenlegung der Vermögensverhältnisse der französischen Regierung gab sie an, Ackerland für 38.000 Euro und drei Fahrräder zu besitzen. Taubira wurde am 2. Februar 1952 in Cayenne geboren. Ihre Mutter war Krankenpflegehelferin und alleinerziehend mit fünf Kindern.
In ihrer Jugend kämpfte sie für die Unabhängigkeit des Überseedepartements in Südamerika. 1993 gründete sie ihre eigene Partei Wawari („Der Fächer“), in Frankreich gehört sie einer linken Splitterpartei im sozialistischen Regierungsbündnis an. 2002 war die geschiedene Mutter von vier Kindern Präsidentschaftskandidatin diverser linker Parteien und repräsentierte als schwarze Frau die französischen Minderheiten. Sie erhielt 2,3 Prozent der Stimmen, die damals allerdings dem Sozialisten Lionel Jospin fehlten, um in den zweiten Wahlgang zu kommen. Bis heute gilt sie als „freies Elektron“.
Zwei Gesetze sind mit ihrem Namen verbunden: Neben dem heftig umstrittenen Gesetz zur „Ehe für alle“, das Schwulen und Lesben die Eheschließung und Adoption erlaubt, auch das Gesetz, das seit 2001 Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einstuft. Zudem engagierte sie sich für einen Gedenktag, der an die Abschaffung der Sklaverei erinnert. Die Frau aus der einstigen südamerikanischen Kolonie wirbt dafür, dass Sklaverei in den französischen Schulbüchern behandelt wird: „Der Rassismus schöpft seine Quellen aus den Ideologien, die erfunden wurden, um Sklavenhandel und Sklaverei zu rechtfertigen.“ Im Rassismus und in Diskriminierung wirkten die Folgen bis in die Gesellschaft der Gegenwart, argumentiert Taubira.
„Mir war immer bewusst, dass ich eine Schwarze bin“, sagte die Politikerin über ihre Erfahrungen als Studentin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Paris. Der Kampf für Gleichheit und gleiche Rechte für Minderheiten ist ein zentrales Motiv für ihr Handeln.

Zentralausgabe epd Nachrichten Nr. 100 | 27.05.2013

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